30 Jahre: Senioren-Union feiert Doppeljubiläum

26.11.2019

Für die Senioren-Union in Schleswig-Holstein gab es gleich zwei gute Gründe zu feiern: Ihre Organisation besteht seit nunmehr 30 Jahren. Und genau vor 30 Jahren ist in Berlin die Mauer durchbrochen worden, die das deutsche Volk getrennt hat. Beides gute Gründe, um die Delegiertenversammlung mit Neuwahlen des Vorstandes in den Holstenhallen in Neumünster mit dem „doppelten Jubiläum“ zu feiern.
Ohne besondere Überraschungen verliefen die Wahlen zum Landesvorstand. Wolfgang Börnsen ist mit dem hervorragenden Wahlergebnis von 189 Stimmen (96,9%) als Landesvorsitzender wiedergewählt worden.  In ihren Ämtern als stellvertretende Landesvorsitzende wurden Helga Jessen (157 Stimmen), Jürgen Feddersen (151), Jens-Uwe Ehrlich (137) und Dieter Holst (127) bestätigt. Zur neuen Schatzmeisterin wurde Anne Ohlsen gewählt, die auf den langjährigen Stelleninhaber Hans -Albert Höft folgt, der sich nach vielen Jahren von dieser Position zurückgezogen hat. Vera Siemer bleibt auch weiterhin Mitgliederbeauftragte.
Zu Beginn der doppelten Jubiläumsfeier erinnerte Wolfgang Börnsen an die „einzigartige Revolution, die im November 1989 zum Mauerfall geführt hat“. Auch 30 Jahre später hätten die Frauen und Männer, die die Revolution angeführt haben, unseren Dank verdient. „Es waren unsere Landsleute, die die Mauer zum Einsturz brachten. Ihr Mut, ihre Unerschrockenheit und ihr tapferes Eintreten für die Wiedervereinigung waren der Ursprung, dass die Wiedervereinigung erreicht wurde.“ Anlässlich dieses Ereignisses hat die Senioren-Union Schleswig-Holstein eine Veröffentlichung mit Zeitzeugenberichten über den 9. November 1989 herausgegeben, um den Mauerfall aus privater, individueller Sicht und Erleben der Bürger und Politiker zu beschreiben, um diese Art der Geschichtsschreibung unabhängig von offiziellen Darstellungen und Verlautbarungen zu sichern.

SU-Gründung ging von Helmut Kohl aus

Die Initiative zur Gründung der Senioren-Union sei von Dr. Helmut Kohl erfolgt. Deshalb habe man Grund genug, gleich zwei Jubiläen zu feiern. Heute sei die Senioren-Union Schleswig-Holstein mit 4555 Mitgliedern der drittstärkste Landesverband in Deutschland. „Wir verstehen uns als lebenslange Demokraten und lassen uns weder den Mund noch die Meinung verbieten“, rief Wolfgang Börnsen unter dem großen Beifall von mehr als 200 Delegierten und Gästen aus.
Unter den Ehrengästen begrüßte der Landesvorsitzende u.a. Dr. Sabine Sütterlin-Waack, Landesministerin für Justiz, Europa, Verbraucherschutz und Gleichstellung sowie den Landesminister für Inneres, ländliche Räume und Integration, Hans-Joachim Grote. Ministerin Sütterlin-Waack sagte, Sie wünsche sich, dass die Senioren-Union so bleibe, wie sie sei, „eine kritische Begleiterin ihrer Mutterpartei. Die SU ist eine wichtige Stimme innerhalb der CDU.“
In ihrer Erinnerung an den Fall der Mauer sagte Ministerin Sütterlin-Waack, die Jusos hätten 1989 noch auf die Wiedervereinigung verzichten wollen, um „ein positives Signal zu setzen“. Sie erinnerte an Helmut Kohl „in großer Dankbarkeit“, der ein Meisterstück an politischem Instinkt und Tatkraft vollbracht habe, wie es von Ursula von der Leyen treffend beschrieben worden war. Den Jüngeren sei der Mauerfall nur noch aus den Geschichtsbüchern bekannt. Hier müsse gegen das Vergessen gearbeitet werden. Der Landesvorstand zeichnete Dr. Sabine Sütterlin-Waack mit der Freiheitsmedaille der Senioren-Union aus.

Jüngere Generation einbeziehen

Jürgen Feddersen, der auch stellvertretender Bundesvorsitzender der Senioren-Union ist, betonte, dass die SU von den Aktivitäten der Kreis- und Ortsverbände lebe. Er erinnerte daran, dass der Schleswig-Holsteinische Landesverband als einziger Landesverband den Mauerfall feiere. Dies sollte auch von der Jungen Union angenommen werden, „damit auch die jüngere Generation sich mit diesem Thema befasst.“ Stefan Lange, Vorsitzender der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung, forderte, das Potential der Älteren zu nutzen. Der Einsatz der Älteren sollte vom Leistungswillen und nicht vom Geburtsdatum abhängen. „Ohne Vereinigungen wird die CDU in Zukunft keine Volkspartei mehr sein können“, mahnte Stefan Lange. „Wir brauchen Substanz und klare Kante. Lasst uns gemeinsam einen Kurs anlegen, damit kommt unser Mutterschiff wieder auf 40prozentiges Fahrwasser“, rief er aus.
In einer Politik-Diskussion der beiden ehemaligen Landtagsabgeordneten Jürgen Feddersen und Volker Dornquast mit Innenminister Hans-Joachim Grote wurden die Themen Sicherheit, Verkehr und Autofahren beleuchtet. So sagte Grote, dass es viele Menschen gebe, die auf „falsche Polizisten“ hereinfielen. Häufig würde die Einsamkeit der Menschen ausgenutzt und kriminelle Callcenter, die nicht selten in der Türkei angesiedelt sind, trieben ihr übles Spiel mit den alten Menschen. Er riet: Bei Anrufen, die nicht sofort identifizierbar seien, sollte sofort aufgelegt werden. Die Cyber-Kriminalität schreite immer mehr voran. Ein Grund dafür sei, dass die Banken immer mehr Geldautomaten abbauten und immer mehr Menschen auf online-Banking angewiesen seien. In vielen kleineren Orten gebe es bereits vertrauenswürdige Menschen als so genannte „Kümmerer“, die den Älteren zur Seite stehen. Zum Thema „Senioren am Steuer“ hat der Innenminister eine klare Meinung: „Ich halte überhaupt nichts davon, den Führerschein abzugeben. Diese Forderungen seien Populismus auf Kosten der Altersgruppe der Senioren. “Wenn ein 85-Jähriger in ein Schaufenster fährt, wird das sofort in den Medien breitgetreten. Wenn ein 45-Jähriger in ein Schaufenster fährt, gibt es nicht halb so viel Resonanz. „Mit unserer jetzigen Landesregierung wird es keine Altersbeschränkung geben“, versprach Innenminister Grote.

„Kümmerer“ im ländlichen Raum

Zum Thema „Senioren im Dorf“ wollten die früheren Landtagsabgeordneten wissen, welche politischen Aktivitäten es gebe, um für die Älteren die Mieten auf dem Lande erschwinglich zu halten. Grote sprach sich für „multiples Wohnen“ aus. Das ist ein kommunales Problem. Ältere wollen in ihrem sozialen Umfeld bleiben. Das müssen Kommunen planen. Dazu sind keine Ein-Familien-Haus-Gegenden geeignet. Das Land hat die höchsten Gelder für Wohnungsbauförderung zur Verfügung gestellt, die es je in Schleswig-Holstein gegeben hat.
Jürgen Feddersen wollte wissen, wie es um die ärztliche Versorgung im ländlichen Raum bestellt ist. Der Minister sagte, dass Medizinische Versorgungszentren nur dann am Leben gehalten bleiben könnten, wenn die Menschen diese auch aufsuchten. Das Thema online-Medizin werde eine immer stärkere Rolle spielen. Hier würden Menschen benötigt, die den Älteren dabei zur Seite stehen, diese Technologien auch zu benutzen.
Wolfgang Börnsen fordert die Ortsverbände auf, das Thema der örtlichen Hilfen aufzugreifen, die in nachbarschaftlicher Atmosphäre für diejenigen da sind, die Hilfe benötigen.

Aus ihrem großen Erfahrungsschatz als Landesvorsitzende der Senioren-Union und ehemalige Landtagsabgeordnete berichtet die Ehrenvorsitzende Helga Kleiner. Sie sprach darüber, was in Schleswig-Holstein in den vergangenen 30 Jahren erreicht wurde, „wenn solidarisch-vertrauensvoll miteinander gearbeitet wurde“. Sie forderte: „Wir sollten selbst bestimmen und nicht etwas übergestülpt bekommen, damit irgendwelche Organisationen die Senioren-Arbeit übernehmen“. Helga Kleiner sagte, sie habe während ihrer aktiven Zeit der Politik klar gemacht, was sie wolle und dass sie Stimmen habe. Helga Kleiner sagte: „Wenn man lange genug wartet, dann erlebt man irgendwann auch den Erfolg. So war es in der Pflege. Hier tut sich was. Aber man braucht einen langen Atem“.
Der Vorstand zeichnete Adolf Assmann aus Großensee mit der goldenen Ehrennadel aus. In seinem Wohnort machte die Zahl der SU-Mitglieder zehn Prozent der Bevölkerung aus.

CDU soll sich auf Markenkern konzentrieren

Lob und Mahnung zugleich drückte Wolfgang Börnsen in seiner Ansprache aus: Der Landesverband Schleswig-Holstein sei im Moment der stabilste. Jährlich würden 250 Neumitglieder eingeworben. Vielfältige Jahres- und Reiseprogramme überzeugten die Mitglieder. Über 60 Prozent der Mitglieder seien Frauen. „Wir praktizieren die Gleichberechtigung“. Bei der Jungen Union sei nicht eine Frau im Bundesvorstand. Bei der Senioren-Union würden allein sechs Kreisverbände von Frauen geführt. „Wir brauchen keine Quote“, sagte Wolfgang Börnsen. Bei den Landtagswahlen hätte die CDU viel verloren. Wenn der Trend so weiterlaufe, ginge das zu Lasten der Volksparteien. „Wir bekommen italienische Verhältnisse. Wir fordern die CDU auf, sich auf ihren Markenkern als konservative, patriotische Partei zu bekennen und Führungsstil zu zeigen. Treue und Tatkraft würden den Älteren nicht gedankt.“ Die Regierung habe Heimatkunde zu Beginn des Schuljahres aus dem Unterrichtsplan gestrichen. Dieser Kurswechsel sei nicht akzeptabel. Und die Migrationsverbände begrüßten das sogar. „Da dürfen wir uns über eine AfD nicht wundern. Annegret Kramp-Karrenbauer sollte sich als Parteivorsitzende um solche Fragen kümmern, anstatt Verteidigungsministerin zu sein. Nur wenn wir klar mit dem Wort bleiben, können wir Populisten von links und rechts begegnen.“
Kämpferisch wandte sich der Landesvorsitzende am Ende einer inhaltsvollen und richtungsweisenden Delegiertenversammlung an die Anwesenden: „Wir sind kein Friede-Freude-Eierkuchenverein. Wenn nötig, müssen wir auch auf die Straße gehen.“

Rainer Mohrmann